Status Quo: Der PPA-Boom gerät ins Stocken
Power Purchase Agreements (PPAs) waren in den letzten Jahren der Motor für förderfreie Erneuerbaren-Projekte in Deutschland. 2023 galt als Rekordjahr – über 3,8 GW wurden neu abgeschlossen, was einem Wachstum von über 300 % gegenüber 2022 entsprach.
Doch 2024 kam die Ernüchterung: Das Vertragsvolumen sank auf 2,1 GW, also fast 50 % weniger als im Vorjahr. Besonders stark betroffen: Offshore-Wind (−75 %) und großskalige PV-PPA-Projekte (−30 %).
Der Grund dafür ist klar: Die stark fallenden Strompreise zu Zeiten hoher EE-Einspeisung (negative Börsenpreise an >200 Stunden im Jahr) führen zu einer geringen Bewertung des PPA.
- Klassische „merchant PPAs“ – also Projekte, die ausschließlich auf Marktpreisen basieren – verlieren ihre Kalkulationsgrundlage. Fixpreis-PPAs stehen im direkten Wettbewerb mit einer günstigen Beschaffung über die Strombörse.
Vom Volumen- zum Qualitätsmarkt
Während das Marktvolumen schrumpft, steigt die Komplexität der Verträge. 2024/2025 sind PPAs keine Standardprodukte mehr, sondern maßgeschneiderte Risikoteilungsinstrumente.
Trends aus aktuellen Marktanalysen:
- Kleinere, flexiblere Verträge ersetzen große Einmal-Deals.
- Vertragslaufzeiten verkürzen sich von 10–15 auf 5–8 Jahre.
- Floor-Mechanismen – Mindestpreise bei PPAs, die über die Börsenstompreise indexiert sind - werden Standard, um Preisspitzen abzufedern und das Preisrisiko zu reduzieren.
- Immer mehr PPAs werden hybridisiert – also mit Speichern, Flexibilitäten oder mehreren Abnehmern kombiniert.
Diese Entwicklung markiert den Übergang zu einer zweiten PPA-Generation, in der nicht mehr die reine Erzeugung zählt, sondern die Fähigkeit, Erträge intelligent zu glätten.
Der Wendepunkt: Ohne Speicher geht es nicht mehr
Ein zentrales Symptom des Umbruchs ist der massive Rückgang neuer PV-PPAs.
Im ersten Halbjahr 2025 wurden in Deutschland nur noch ~200 MW neue PV-PPAs abgeschlossen – ein Einbruch um über 80 % im Vergleich zum Vorjahr.
Der Grund: Sinkende „Capture Rates“ (also der realisierte Preisanteil des PV-Stroms) auf teils unter 0,5, was bedeutet, dass PV-Anlagenbetreiber nur noch rund die Hälfte des Marktpreises erzielen.
Damit verschiebt sich die Logik:
- Ohne Speicher landen Überschüsse mittags bei Null- oder Negativpreisen.
- Mit Speicher lassen sich Überschüsse gezielt in die Abendstunden verschieben – mit Mehrerlösen von 20 bis 40 €/MWh.
Batteriespeicher werden damit zum entscheidenden Hebel, um PPAs wirtschaftlich tragfähig zu halten.
Statt reiner Stromlieferverträge entstehen integrierte Flexibilitätsverträge, die sowohl Energie liefern als auch Speicher- und Arbitrage-Leistung bereitstellen.
Manche Projektierer sprechen bereits von „Power Storage Agreements“ – also PPAs, bei denen der Speicher selbst als eigenständiger Vertragspartner fungiert.
On-Site-PPAs: Contracting statt Spekulation
Während Off-Site-PPAs unter Marktpreisrisiken leiden, gewinnen On-Site-PPAs rasant an Bedeutung – besonders für EPCs und Stadtwerke.
Hier wird der Strom direkt am Standort des Kunden erzeugt und über eine private Direktleitung geliefert.
Vorteile:
- keine Netzentgelte oder EEG-Umlagen,
- häufig stromsteuerbefreit (bis 2 MW),
- und hohe Planungssicherheit durch festen Preis über 10–15 Jahre.
Das On-Site-Modell funktioniert wie ein Contracting-Vertrag: Der EPC oder das Stadtwerk plant, errichtet und betreibt die PV- (oder PV+Speicher-)Anlage auf dem Gelände des Kunden. Der Kunde zahlt nur für den gelieferten Strom – ohne Investitionsrisiko, aber mit langfristiger Preisbindung.
Für EPCs entsteht daraus ein neues Geschäftsmodell:
- Sie bleiben Eigentümer der Anlage,
- erzielen kontinuierliche Cashflows über die Betriebsdauer,
- und differenzieren sich von reinen Bau-Dienstleistern zu Energiepartnern auf Augenhöhe.
Auch Stadtwerke nutzen On-Site-PPAs zunehmend als strategisches Bindungsinstrument: Sie bieten lokalen Industrie- und Gewerbekunden CO₂-neutralen Strom – ohne Netzdurchleitung, aber mit lokalem Mehrwert.
Harmonisierung und Standardisierung: Der Schlüssel zur Skalierung
Die dena hat einen PPA-Mustervertrag vorgestellt, der insbesondere für KMU, EPCs und Stadtwerke gedacht ist.
Er soll Transaktionskosten senken und rechtliche Risiken verringern, indem er Standardmechanismen für:
- Nachhaltigkeitsnachweise
vordefiniert.
Auch regulatorisch gibt es Fortschritte:
- Die geplante Modernisierung des Stromsteuergesetzes (2025) soll On-Site-Projekte bis 2 MW steuerlich privilegieren – unabhängig davon, ob mehrere Anlagen technisch gekoppelt sind.
- Das neue Strommarktdesign (geplant für 2026) sieht eine klarere Abgrenzung von Direktlieferungen und netzgebundenen PPAs vor, um Contracting-Modelle zu vereinfachen.
Damit wird deutlich: Der Gesetzgeber will dezentrale On-Site-Modelle fördern – und sie regulatorisch absichern.
PPA-Batterie im Multi-Use
Batteriespeicher werden zunehmend zum strategischen Baustein moderner On-Site-PPA-Modelle.
Denn sie ermöglichen, die Wirtschaftlichkeit und Systemeffizienz deutlich zu steigern – ohne den Kern des PPAs, die direkte grüne Stromversorgung, zu verändern.
Unter dem Begriff Multi-Use versteht man den parallelen Einsatz eines Speichers für mehrere betriebswirtschaftliche und energiewirtschaftliche Zwecke:
- Erhöhung des lokalen Verbrauchs: PV-Überschüsse werden gespeichert und zeitversetzt genutzt. Dadurch steigt der Eigenverbrauchsanteil des PPA-Stroms, Netzbezug und Abgaben sinken.
- Lastspitzenkappung: Durch gezieltes Entladen bei hohen Lasten werden Leistungspreise reduziert – besonders relevant für Industrie- und Gewerbekunden.
- Tarifoptimierung: Der Speicher wird genutzt, um günstige Tarifzeiten auszunutzen oder hohe Strompreise zu umgehen.
Diese Funktionen werden in der Regel nicht im Hauptvertrag des PPAs, sondern in einem „Storage Optimization Annex“ oder „Energy Management Module“ geregelt.
Dort sind Steuerungsrechte, Messkonzepte und Vergütungsmechanismen definiert – etwa feste Prämien oder anteilige Beteiligungen an den Einsparungen („Shared Savings“).
So entsteht ein integriertes Betriebsmodell, bei dem die Batterie nicht nur zur Eigenverbrauchsoptimierung dient, sondern auch aktiv zur Kostenreduktion und Netzentlastung beiträgt.
Multi-Use-Speicher machen On-Site-PPAs damit wirtschaftlich robuster – und schaffen neue Spielräume für Contracting- und Betreiberlösungen.
Wie minimum energy PPAs modellierbar macht
Mit der Plattform von minimum energy können EPCs, Energieberater und Stadtwerke heute schon komplexe PPA-Modelle simulieren – inklusive:
- On-Site- und Off-Site-Varianten,
- Preis- und Risikostrukturen (z. B. Floor/Cap, Indexierung, Eskalationsklauseln),
- Speicherintegration mit Arbitrageoptimierung,
- sowie dynamischer Tarif- und Netzentgeltlogik.
Unsere Software verbindet wirtschaftliche Simulation, technisches Design und regulatorische Präzision – von der Contracting-Kalkulation bis zur Risikobewertung.
Kurz gesagt: Wir machen komplexe PPA-Modelle berechenbar – im wörtlichen Sinn.
Planer können Szenarien testen, Preisrisiken simulieren und hybride Geschäftsmodelle (PV + Speicher + Last) belastbar bewerten.
Fazit: PPAs sind im Reifeprozess
Der deutsche PPA-Markt tritt in seine zweite Entwicklungsphase ein. Statt Wachstum um jeden Preis dominieren nun Effizienz, Resilienz und Flexibilität.
Drei Trends zeichnen sich ab:
- Speicherintegration wird Standard – für Wirtschaftlichkeit und Bankability.
- On-Site-PPAs gewinnen an Marktanteil – für lokale Wertschöpfung und Stabilität.
- Standardisierung und Software-Unterstützung sind entscheidend, um Komplexität zu beherrschen.
minimum energy liefert die dafür notwendige Plattform:
wissenschaftlich fundiert, praxisnah, regulatorisch konform – und bereit für die nächste Evolutionsstufe der Energieverträge.
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Quellen & Referenzen
Synertics (2024): PPA Country Profile – Germany. Marktanalyse zur Entwicklung des deutschen PPA-Markts, Rückgang des PPA-Volumens um ca. 43 % auf ~2,04 GW.
Verfügbar unter: https://synertics.io/blog/185/ppa-country-profile-germany
Deutsche Energie-Agentur (dena) (2023): PPA Market Analysis Germany. Marktvolumen vervierfacht sich 2023 gegenüber 2022 (+323 %).
Verfügbar unter: https://www.dena.de/en/infocenter/translate-to-english-ppa-markt-in-deutschland-marktvolumen-vervierfacht
Deutsche Energie-Agentur (dena) (2024): Standardvertrag für den deutschen PPA-Markt. Mustervertrag zur Vereinfachung von PPA-Abschlüssen für KMU, Stadtwerke und EPCs.
Verfügbar unter: https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2024/PPA_Standardvertrag.pdf
Pexapark / Strategic Energy Europe (2025): European PPA Activity Report H1 2025. Analyse zum Einbruch der PPA-Abschlüsse in Deutschland (-84 % im 1. Halbjahr 2025).
Verfügbar unter: https://balkangreenenergynews.com/pexapark-ppa-activity-in-europe-drops-in-first-half-of-2025
LevelTen Energy (2025): Q2 2025 PPA Price Index. Entwicklung der europäischen Solar-PPA-Preise, Einfluss von Speicherintegration und Marktpreisen.
Verfügbar unter: https://www.leveltenenergy.com/post/q2-2025-ppa-price-index
Wood Mackenzie / Strategic Energy Europe (2024): European PPA Market Report 2024. Gesamtvolumen ~19 GW neuer PPAs in Europa – Deutschland und Spanien führend.
Verfügbar unter: https://strategicenergy.eu/european-ppa-market-19-gw